Loleatta Holloway – Sample Queen Divas
Geschrieben am 15. Oktober 2015 von Michel Mertens
Loleatta Holloway
„Ich muss zugeben, daß ich am Anfang einige der Aufnahmen gehasst habe…. Aber jetzt… gefällt mir wirklich das ganze Album” – Loleatta Holloway (1977)
Loleatta Holloway ist wohl DIE Disco Queen der 70er Jahre, denn speziell ihr Song „Love Sensation“, insbesondere das Acapella, ist eines der Fundamente der modernen Tanzmusik.
Aufgewachsen in Chicago war es selbstverständlich, daß diese kraftvolle erwachsene Frauenstimme schon früh den Gospelchor besuchte. Obwohl sie den meisten als die Disco Sängerin in Erinnerung ist, begann sie ihre Karriere mit ruhigen R&B Nummern. Ihr Produzent, Manager und Ehemann Floyd Smith hatte eine klare Vision seines „Schützlings“, es musste „soulful“ sein. Er kannte ihre stimmlichen Vorzüge, die besonders bei Balladen zum Vorschein kamen. Somit war es verständlich, daß er mit dem musikalischen Wechsel hin zum Philly Disco Sound nicht wirklich einverstanden war. Auch Loleatta war anfangs nicht wirklich überzeugt.
Taffes Stadtmädchen
Beim bekannt berüchtigten Disco Label „Salsoul Records“ sollte sie erfolgreich auf die Philly Soul Disco Welle gehievt werden. Norman Harris (Musiker der Band MFSB) sollte dafür Sorge tragen, daß Loleatta Holloways neu eingeschlagener Weg ein erfolgreicher wurde, bewiesen hatte er dies schon längst mit Hits für The Trammps, First Choice, Double Exposure, Love Committee und Eddie Holman.
„Hit & Run war der erste Song, den ich aufnahm und ich dachte, es ist der schlechteste Song, den ich jemals gehört habe. Ich wollte nicht über ein altbackenes Mädchen vom Land singen, weil ich nicht vom Lande komme. Ich bin aus Chicago, das war eine Beleidigung für mich. Aber als ich erst den Groove hörte und die Musik anfing zu spielen…!“ – Loleatta Holloway (2005)
Interview
Es war nicht nur die Musikrichtung, die sich änderte, auch die Produktion der Songs war eine andere. Sie musste nach Philly fliegen und die Tracks standen schon bereits. (Und das bei einer angedeuteten Flugangst in einem Interview von 1977) Sie hatte manchmal nur 2 Tage Zeit sich reinzufühlen und Texte zu lernen. Die Album Versionen ihrer Titel sind oftmals ausartend lang. So musste sie improvisieren.
„…Viele der Songs, die sie mir gaben, waren so lang, daß sie nicht wussten, was sie in den Vamps (Anm.d.Red.: Stellen für Soloparts, immer wiederholende musikalische Schleifen) machen sollten. Sie sagten dann. Lass dich einfach gehen…. In „Dreamin‘“ zum Beispiel habe ich mir einfach vorgestellt, was ich einer anderen Frau sagen würde.“ – Loleatta Holloway (2005)
DAS Sample der 90er
Dan Hartmann und Loleatta Holloway hatten einen großen Hit mit „Relight my fire“. Eigentlich nur durch Zufall, denn laut ihm sollten Bette Midler oder Patti Labelle den Frauenteil übernehmen. Nach einem Clubauftritt kam dann Dan zu ihr und fragte sie, ob sie an Bord wäre. Ganze 30 mal musste Loleatta ihre Passagen dafür einsingen. Dan war eine Herausforderung und wusste, wie es klingen sollte.
Als Dank dafür schrieb er ihr einen Song. „Love Sensation“. Einer der wichtigsten Bausteine der Tanzmusik. Die Gesangsstellen von Loleatta Holloway haben Marky Mark (Mark Wahlberg) und seiner Funky Bunch mit „Good Vibrations“ u.a. zum Hit verholfen. Moby nutzte Passagen für seinen Track „Move“. Lenny Fontana & DJ Shorty hatten es im Jahr 2000 nochmals erfolgreich unter die Housefans gebracht. Doch einen der größten Hits damit hatte Black Box, ein italienisches House Dance Projekt, sie nutzten Passagen für ihren Hit „Ride On Time“ ohne Genehmigung.
„Nach der ganzen Black Box Nummer dachte ich, ich verliere meinen Verstand. Ehrlich. Ich hatte einen Nervenzusammenbruch und konnte nicht darüber sprechen ohne zu weinen… Ich dachte, wie können die das wagen?…Es hat mich jahrelang heruntergezogen. Die Geschichte hat aus mir einen Menschen gemacht, der ich nicht sein wollte, und ich bin kein schlechter Mensch..und am nächsten Tag sehe ich Marky Mark im Fernsehen. Er spricht über seinen neuen Titel und erwähnt mich noch nicht mal.“ – Loleatta Holloway (2005)
Der Nervenzusammenbruch
Angeblich wurden ihr nach dem „Ride On Time“ Skandal neue Songs von den Black Box Produzenten angeboten. Sie entschieden sich dann aber für Martha Wash, denn diese war günstiger. Ein mehr als fader Beigeschmack bleibt. Sie und die Sample basierte Musik. Vielleicht ein Geschichte voller Missverständnisse? Schon vorher hatte es Ärger wegen einer nicht lizenzierten Veröffentlichung gegeben.
1985 hatte Loleatta Holloway im Partyclub „Better Days“ in New York einen ihr seltenen Liveauftritte. Bruce Forest (Remixer und DJ) nahm den Auftritt auf Kassette auf. Er schnitt die Musik komplett heraus, übrig blieb nur die Sprache und die Interaktion mit dem Publikum. Er nutzte die Aufnahmen für seine Sets. Es wurde zum Markenzeichen und niemand hatte eine Kopie außer Bruce. Er hatte es Loleatta versprochen. Bruces Freund Shep Pettibone (Remixer und DJ) besorgte sich illegalerweise eine Kopie und gab sie an den DJ und Produzenten Junior Vasquesz weiter. Dieser produzierte unter dem Namen „Ellis D“ 1987 den Track „My Loleatta“ und lies ihn auf Vinyl pressen, ohne Erlaubnis. Die pure Sprache befand sich auch auf dieser Schreibe. Viele Produzenten haben sich über die Jahre daran bedient.
Bruce bekam eines Tages die volle Ladung ab:
„Ich war in Dingwalls in London 1990/91. Neben Norman Jay ist Loleatta aufgetreten…Ich stand vor dem Club als sie rauskam. Sie hat mich erkannt und sagte: „Du bist das Arsch****, das die Kassette rausgegeben hat! Sie hat mich die Straße lang verfolgt…die Handtasche nach mir geschmissen.“ – Bruce Forest (2002)
Loleatta Holloway ist ein großer Bestandteil der modernen Tanzmusik und bleibt auch nach ihrem Tod am 21. März 2011 in Erinnerung. Möge sie in Frieden ruhen.
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(dieser Artikel wird kontinuierlich aktualisiert. Bei wichtigen Zusätzen, Interviews und Korrekturen lasst einfach einen Kommentar da oder schreibt mir)